Ein Interview mit Mathias Wesselmann von Phoenix Contact
Was denken unsere Mitglieder über den Mittelstand? Welche Probleme sehen sie? Wo kann der Maschinenraum helfen und welche Projekte setzen sie gemeinsam mit uns um? Mathias Wesselmann von Phoenix Contact im Interview.
interview | 23.06.2020
Lieber Mathias, erzähl uns doch bitte ganz kurz etwas über Dich und Phoenix Contact?
Mein Name ist Mathias Wesselmann und ich bin seit Anfang des Jahres Geschäftsführer der Phoenix Contact Smart Business GmbH, die im Maschinenraum sitzt. Davor hatte ich verschiedene anderer Positionen im Unternehmen in – unsere gemeinsame Historie geht zurück bis in das Jahr 2010. Die neue Smart Business GmbH ist ein Software-as-a-Service(SaaS)-Anbieter, der basierend auf IoT-fähigen Produkten von Phoenix Contact und weiteren Partnern intelligente Services auf unserer IoT-Plattform ‚Proficloud‘ anbietet. Phoenix Contact ist ein 1923 gegründetes Familienunternehmen, das Komponenten, Systeme und Lösungen im Bereich der Elektrotechnik, Elektronik und Automation anbietet und seinen Sitz in Blomberg, Nordrhein Westfalen hat. Wir sind weltweit Marktführer und Innovationsträger in der Elektrotechnik.
Warum ist der Mittelstand so wichtig für Deutschland?
Der Mittelstand ist der Motor und das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und bildet das Spektrum der deutschen Industrie sehr gut ab. Durch die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Ausbildung junger Menschen und Investitionen prägen mittelständische Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands maßgeblich. Nicht zuletzt können sich familiengeführte Unternehmen ihre Innovationsfreude und ihren Pragmatismus aufgrund ihrer Unabhängigkeit und Eigenfinanzierung bewahren und so langfristige Innovationsprojekte vorantreiben.
Was wir auch nicht vergessen dürfen: wir reden immer darüber, dass das Silicon Valley Plattformen baut. Die sind zum Start logischerweise aber meistens leer, weil die Betriebssysteme und Anwendungen des Internet of Things nicht im luftleeren digitalen Raum entstehen können, sondern enge Verzahnung mit industrieller Wertschöpfung brauchen – also eben mit Dingen, die man anfassen kann. Hier könnte die große Stunde des Mittelstands schlagen. Denn wir haben die Hardware, die die Daten sendet. Das ist ein großer Vorteil.
Wo steht der Mittelstand, wenn es um Innovation und Digitalisierung geht? Was sind die größten Herausforderungen?
Der Mittelstand steht was die Digitalisierung angeht noch am Anfang. Das Gros der Mittelständler hat zwar verstanden, was jetzt zu tun ist und dass die digitale Transformation eine Verschiebung der Wertschöpfungsketten und Kundenbedürfnisse zur Folge hat, aber es hakt oftmals noch bei der Umsetzung. Im nächsten Schritt muss es deshalb darum gehen, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und erste Piloten zu validieren. Die größte Herausforderung liegt hierbei darin, dass der deutsche Mittelstand das Thema „digital“ noch nicht fest in seiner DNA verankert hat. Oftmals fehlen die für die digitale, softwarebasierte Produkte erforderlichen Prozesse, Netzwerke oder Kompetenzen.
Der Mittelstand muss sein eigenes Ökosystem künftig auch viel stärker nutzen, um die Transformation voranzutreiben und damit einhergehend auch darüber nachdenken, an neuen gemeinsamen Wertschöpfungsketten zu arbeiten. Wir bei Phoenix Contact sind gesegnet mit Leuten, die verstanden haben, das es künftig um Synergien und die Digitalisierung des Kerngeschäfts gehen muss. Wir fühlen uns deshalb für die eigene digitale Transformation sehr gut gerüstet, die wir seit Jahren konsequent im Unternehmen vorantreiben. Gleichzeitig haben wir aber auch gemerkt, dass Innovieren im Daily Doing sehr schwierig ist, weil oftmals der nötige Input von außen fehlt und man einen größeren Freiraum braucht; einen geschützten Raum für Innovation. Den haben wir im Maschinenraum gefunden, in dem Phoenix Contact Smart Business seit mehreren Monaten zu Hause ist und an neuen Projekten arbeitet.
Warum ist der Maschinenraum so wichtig? Wie kann er helfen?
Natürlich haben wir uns im Vorfeld auch nach anderen, klassischen Co-Working Spaces umgeschaut, dann aber schnell gemerkt, dass wir keinen Co-Working Space suchen. Die klassischen Co-Working Spaces wirken nämlich wie eine Art Legebatterie, da ist alles sehr autark und Synergien sind nur schwer erkennbar. Der Maschinenraum wiederum hat einen klaren Fokus auf den Mittelstand und der Netzwerkgedanke, der den Maschinenraum trägt, ermöglicht Synergien untereinander, die so aktuell nirgendwo anders in der Form möglich sind. Mittelständler begegnen sich hier auf Augenhöhe und arbeiten alle mehr oder weniger an denselben Problemen und können uns so in einem geschützten Raum gegenseitig unterstützen.
Es geht beim Maschinenraum aber nicht nur im die Member vor Ort, sondern auch um den Austausch auf C-Level-Ebene. Als Plattform ermöglicht es uns der Maschinenraum, dass sich zum Beispiels die CFOs unterschiedlicher mittelständischer Unternehmen auf Events untereinander zu aktuellen Entwicklungen austauschen. Genau diesen Austausch braucht es, denn durch andere Perspektiven können wir uns immer wieder hinterfragen und innovieren. Der Maschinenraum ist für uns wie eine Art Seismograph des Berliner Ökosystems. Unsere Digitalunit vor Ort erhält immer wieder neue Informationen zu bestimmten Trends und technologischen Entwicklungen, die dann in unsere Kernorganisation hineingetragen werden können. Wir pflegen deshalb einen regen Austausch zwischen unserer Smart Business Unit in Berlin und dem Mutterkonzern in Blomberg. Am Ende muss es nämlich immer darum gehen, das Kerngeschäft zu digitalisieren. Das hat bei uns oberste Priorität und ist klare Voraussetzung für jeden Geschäftsbereich.
Welches Projekt setzt ihr im Maschinenraum um?
Die Phoenix Contact Smart Business GmbH beschäftigt sich mit cloudbasierten Services auf Basis des Internet of Things und ermöglicht es Anwendern, einen Überblick über den Zustand ihrer Anwendung, unabhängig von Zeit und Ort, zu geben. Über verschiedene Algorithmen zu Vorhersage, Optimierung und Steuerung kann so ein effizienteres Energiemanagement betrieben werden, Stillstandzeiten von Anlagen reduziert oder die Verfügbarkeit von Anlagen erhöht werden. Im Maschinenraum arbeiten wir an neuen Technologien und Services rund um diesen Bereich und möchten die Anforderungen unserer Business Units im Mutterkonzern um Smart Services erweitern. Deshalb sitzen wir mit 10 Entwickler*innen im Maschinenraum und arbeiten gemeinsam mit den Expert*innen des Maschinenraums an neuen Lösungen für unsere Proficloud.
Das Beste am Maschinenraum in einem Satz?
Das Beste aus Industrie und Startup an einem Fleck.